FOREST
Eine Ausstellung über die Erzählbarkeit des Roma-Traumas
FOREST/WALD: die ERIAC-Ausstellung zum Internationalen Roma Holocaust Memorial Day präsentiert die Werke von Robert Gabris und Emília Rigová. Die beiden Künster_innen thematisieren das überlieferte Trauma des Roma-Holocaust. In ihrer Arbeit legen sie das Augenmerk auf eigene Verletzungen um die Auswirkungen ,viktimisierender‘ und paralysierender Erzählungen über Holocaust, Gewalt, Unterdrückung und Diskriminierung. Erzählungen, welche über die Lebensgeschichten von Familienmitgliedern und Vorfahren an die jüngere Generation weitervererbt wurden.
Der Kernbegriff der Ausstellung »Roma-Widerstand« als transformatives Phänomen der Handlungsfähigkeit von Roma, ermöglicht es, Zeugnisse von Trauma, Schmerz und einer drückenden Erfahrung von Verlust, Entfremdung und Stille in einen neuen und tatsächlichen Diskurs einzuschreiben. Die Künstler_innen erforschen dabei den wichtigen Aspekt des Erzählvermögens und in ihren Kunstwerken sind Passivität und Trauma miteinander verknüpft. Damit drücken sie aus, dass wir uns umso weniger erinnern (wollen), je passiver wir sind und je traumatischer die Erfahrung ist. Sie werden aktiv in der »Niederschrift« der eigenen Erzählung; teilen ihre persönlichen und subjektiven Erfahrungen und vor allem legen sie Zeugnis ab. Eine Zeugenschaft, die auf die Opfer von Antiziganismus und Rassismus in der Gegenwart erweitert wird. Denn das Überleben der Roma und die Spuren ihres Widerstands und ihres Durchhaltevermögens sind in die zahlreichen kulturellen und politischen Ereignisse einkodiert, die gegenwärtig in Europa stattfinden: als politische Interventionen und Proteste, als Verhandlungsprozesse mit großen politischen Organen, als Demonstrationen, Märsche, Reden und öffentliche Versammlungen. In Anlehnung an Judith Butlers feministische Philosophie und diese auf die Roma-Versammlungen der Vergangenheit anwendend, erkennen wir die expressive Dimension der Romazusammenkunft. Auch und vor allem ohne den Rückgriff auf Sprechakte. Denn die reine Aktion des Zusammenkommens, als einer Solidarität über weite Distanzen, impliziert ein neues Verständnis des öffentlichen Raumes, der für die zeitgenössische Roma-Politik wesentlich ist. Eine »Sackgasse«, die für Butler zu einer Form sozialer Solidarität werden kann, in welcher die Versammlung der Körper Zeichen von Beharrlichkeit und Widerstand ist.
Robert Gabris und Emília Rigová bemühen sich um eine produktive Erzählbarkeit von Roma-Trauma und bieten hierfür die Pädagogik der Roma-Kunst an: so ist die Erfassung eines transformativen Moments möglich, wenn der Schmerz zur Quelle der Kraft wird und wenn tiefster Hass und Gewalt eine gegenseitiges Heilen erfordern, und wenn die Roma ihr eigenes, paralisiertes und traumatisiertes Selbst überwinden ...
Eröffnung: 1. August 2018, 18:00 Uhr
Einführung durch die Kunsthistorikerin Timea Junghaus, danach führen die Künstler_innen durch die Ausstellung.
Die Ausstellung kann bis zum 3. November 2018 besichtigt werden.
Bildnachweis:
Robert Gabris
THE FOREST
2017