Roma leben seit über tausend Jahren in Europa. Ihre Vorfahren stammen aus Indien. Auf Romanès, ihrer in vielen Dialekten bestehenden Sprache, bedeutet Roma Menschen. Als Sinti bezeichnen sich die seit über 600 Jahren im deutschen Sprachraum Beheimateten. Mit derzeit bis zu 16 Millionen Angehörigen sind Roma die größte europäische Minderheit. Roma wird in der Bezeichnung Sinti und Roma für die in Ost- und Südosteuropa lebenden Angehörigen der Minderheit verwendet. Roma sind Bürger ihrer jeweiligen Heimatländer, sprechen die dortigen Nationalsprachen und gehören den örtlichen Mehrheitsreligionen an. In ihrer Jahrhunderte währenden Geschichte nahmen die Roma die Gewohnheiten der Umgebung an und prägten ihrerseits Kultur und Wirtschaft. Hier waren sie in bestimmten Berufen besonders erfolgreich: in Handel und Handwerk, in Musik und Unterhaltung. Dennoch erfahren die meisten, sofern sie sich zu ihrer Identität als Roma bekennen, in vielen Ländern Ablehnung und Benachteiligung.
Antiziganismus ist – angelehnt an den Antisemitismus (Judenfeindschaft) – der Fachbegriff für Feindlichkeit gegen Roma. Er bezieht sich auf das Wort Zigeuner, bedeutet also wörtlich »gegen Zigeuner«. Zigeuner ist aber nicht irgendein Wort – zwischen 1933 und 1945 verfolgten die Nationalsozialisten Sinti und Roma in ganz Europa als »Zigeuner«. Bis zu einer halben Million Menschen fielen diesem Terror zum Opfer.
Antiziganismus gibt es weiterhin: Studien zufolge möchten über 50 Prozent der Deutschen nicht, dass sich Sinti und Roma in ihrer »Gegend aufhalten«. Diese Haltung führt zu gesellschaftlicher und staatlicher Ausgrenzung, Benachteiligung und Verfolgung. Im Alltag sieht das zum Beispiel so aus: Ein Wirt will keine Sinti bedienen, Häuser von Roma gehen in Flammen auf, »Zigeuner!« ist ein gängiges Schimpfwort.
Antiziganismus ist ein Bündel Jahrhunderte alter Denkmuster, die europaweit verbreitet sind. Diese Denkmuster bestehen losgelöst von persönlichen Erfahrungen mit Roma oder Sinti. Die Betroffenen haben keine Möglichkeit, die Feindbilder aufzubrechen. In etlichen Ländern werden Roma Opfer gezielter Gewalt.
Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas erinnert an bis zu einer halben Million Menschen, die in den Jahren 1939 bis 1945 als »Zigeuner« umgebracht wurden. Erst 1982 erkannte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (1918–2015) diese Verbrechen gegen die Sinti und Roma offiziell als Völkermord an. Dass es heute dieses nationale Denkmal gibt, ist vor allem dem Engagement von Angehörigen der Minderheit selbst – insbesondere ihres Zentralrats – zu verdanken. Sie hatten wenige Unterstützer in Gesellschaft und Politik. 1992 äußerte die Bundesregierung erstmals die Absicht, ein Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma zu schaffen. 2001 übergab der Zentralrat die Unterschriften von 1.630 Überlebenden an die Bundesregierung. Sie sprachen sich für eine rasche Umsetzung des Denkmals aus. Sieben Jahre später – 2008 – wurde mit dem Bau begonnen. Am 24. Oktober 2012 – 30 Jahre nach der ersten offiziellen Anerkennung des Völkermords an den Sinti und Roma und über 20 Jahre nach der ersten Initiative – konnte es endlich der Öffentlichkeit übergeben werden. Es wird seitdem von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas betreut.